Dr. Wolf Karge

Autor, Publizist, Museumsberater

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Jubiläumsmagazin 777 Jahre Hansestadt Rostock
Streiflichter aus der Geschichte
Herausgegeben von der Hansestadt Rostock 1995
In lockerer Form sind Anekdoten, Geschichten und historische Fakten in essayistischen Einzelbeiträgen zusammengefasst. Die Jubiläumszahl 777 wurde von der hansestadt bewusst den 1000-Jahr-Feierlichkeiten des Landes Mecklenburg gegenübergestellt.

Leseprobe:
Söben Toern to Sint Marien Karke
söben Straten bi den groten Mark,
söben Doren, so dar gaen to Lande,
söben Kopmannsbrüggen bi dem Strande,
söben Toern, so up dat Rathus stan,
söben Klocken, so dakliken slan,
söben Linnenböm up den Rosengoern:
Dat syn de Rostocker Kennewohrn.
Klarer kann der Beweis nicht sein - es muß gefeiert werden.
Erstmals erschien der Reim in der Chronik des Peter Lindenberg im Jahre 1596 und wurde seitdem in den verschiedensten Schreibweisen, mit unterschiedlichsten kleinen Abweichungen (oder Abschreibfehlern ?) immer wieder aufgenommen. Besonders im 19. Jahrhundert, in dem sich unter den gebildeten Bürgern ein starkes Bedürfnis nach Erforschung ihrer eigenen Wurzeln und ihrer Herkunft ausbreitete, hat sich von Abschreibern über Schreiber bis zu echten Schriftstellern, wie John Brinckman, immer wieder jemand an dem Verslein versucht.
Nun, zum Ende des 20. Jahrhunderts, ist es neben der Stadtrechtsbestätigung von 1218, Anlaß und Rechtfertigung für ein Schnapszahl-Jubiläum und deshalb nicht immer ganz ernst zu nehmen. Der hintersinnige norddeutsche Humor besteht ja auch darin, daß die unglaublichsten Geschichten mit dem Ausdruck größter Wahrheitsliebe vorgetragen werden und dann der Erzähler genüßlich abwartet, bis sein Gegenüber endlich kapiert. Nicht das Lachen danach, sondern dieses Abwarten ist der schönste Moment für den Erzähler. Aber man benötigt schon eine gewisse Mentalität dazu und die findet man nur hierzulande.
Es ist auch viel über diese Zahl Sieben und ihre Beziehung zu Rostock meditiert worden - eine wissenschaftliche Erklärung gibt es nicht, aber man kann so herrlich vermuten.
Als Erstes muß man in den Mond sehen, denn seine vier Erscheinungsformen auf Tage aufgeteilt ergeben die Woche und die hat? ... Richtig, sieben Tage und die benötigte der Herr zur Erschaffung der Welt und den Menschen schuf er am? ... Falsch. Am siebenten Tag ruhte er aus. Und das größte Geheimnis ist das Buch aus der biblischen Offenbarung? - das Buch mit sieben Siegeln, um es auch gleich zu verraten, denn es soll kein Quiz werden. Die sieben Weltwunder der Antike, der  Siebenschläfer, die sieben Geißlein, das Siebengestirn, die sieben Hügel Roms, die sieben Brüder und die sieben Schwaben - ach ja, es ging um Rostock. Also wie ist das nun mit den Kennewohrn. Das ist so, wie in den Antworten von Sender Jerewan - im Prinzip ja, aber da es natürlich sieben mal sieben sein mußten, um dem Vers erst so richtig die Form zu geben, ist an einigen Stellen doch dichterische Freiheit zu vermuten. Ja, so sind wir eben, und für 778 fällt uns auch noch etwas ein. ...
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